Berichte

Oberstaaatsanwalt Andreas Franck – Antisemitismus, eine Herausforderung für die Justiz

Als Begleitveranstaltung zu der Ausstellung Feibelmann muss weg hatte der Freundeskreis Synagoge Hainsfarth einen Abend mit Oberstaatsanwalt Andreas Franck, dem Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz angekündigt: „Antisemitismus, eine Herausforderung für die Justiz“.

Etwa dreißig Personen waren der Einladung gefolgt und hatten die Gelegenheit genutzt, vor Beginn der Veranstaltung die Ausstellung kurz anzuschauen. Mit Charme und Redegewandtheit gab der Referent Einblick in Aufgabe und Arbeitsweise seiner Dienststelle und beantwortete auch Fragen aus dem Publikum.

Lange hatten die Justizorgane Probleme damit, Taten als antisemitisch oder rassistisch einzuordnen und den dafür vorgesehenen Gesetzesparagrafen zuzuordnen. Bei Gewalttaten erkannte man alle möglichen Motive; Rassismus und Antisemitismus wurden nicht in allen Fällen und nicht nach einheitlichen Kriterien erkannt und benannt. Bei Äußerungsdelikten wirkte neben der Auslegungskunst der Verteidiger (und der verfolgungs- oder verurteilungsunwilligen Justizorgane) die Berufung auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Hemmschuh für wirksamen Schutz der Opfer.

Im September 2018 wurden Antisemitismusbeauftragte bei den Generalstaatsanwaltschaften installiert. Seit 01.Oktober 2021 bekleidet Oberstaatsanwalt Andreas Franck. das Amt des „Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz bei der Generalstaatsanwaltschaft München“ und koordiniert die Arbeit der regionalen Antisemitismusbeauftragten . Bei den Staatsanwaltschaften sind zur Identifizierung antisemitischer Motivationen und für die Koordinierung der Sachbehandlung eigene Staatsanwälte zuständig, Sie sind bilden sich, wie die ihnen zuarbeitenden Polizeibeamten auch, regelmäßig fort und sind Ansprechpartner für Opfer oder Zeugen von entsprechenden Straftaten.

Den jüdischen Menschen in Bayern soll durch die Sensibilisierung der Rechtsanwender für die Tarnungen und Verschleierungen der tatsächlich antisemitischen Äußerungen und durch die Vereinheitlichung der Rechtspraxis klar vermittelt werden, dass der Staat ihre Würde schützt und an ihrer Seite steht.

Alle bayerischen Ermittler orientieren sich systematisch an verbindlichen Richtlinien. Konsequente Strafverfolgung bei judenfeindlichen Straftaten und Ausübung des gesetzlich eingeräumten Ermessens zum Schutz der Angegriffenen führen dazu, dass weniger Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden; das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wird beim Verdacht auf Antisemitismus regelmäßig bejaht. Kein Verletzter wird bei Antisemitismusverdacht auf den Privatklageweg verwiesen; Verfahrenseinstellungen, soweit sie der Zustimmung der Staatsanwaltschaft bedürfen, werden nicht bewilligt. Ausdrücklich fordert das Ministerium, dass auch im „Graubereich“ ermittelt und geahndet wird.

Der Rechtsstaat gibt den Strafverfolgern Richtlinien, die Gerichte bleiben unabhängig. Sie werden sich aber, auch durch Rechtsmittel, die von der Anklagebehörde eingelegt werden, auf die eingeschlagene Richtung einstellen. Persönliche antisemitische Einstellung ist nicht strafbar, solange sie nicht verbal oder faktisch beleidigend, den Holokaust verniedlichend, hetzerisch, oder menschenverachtend geäußert wird.

Wer Straftaten anzeigt oder dazu aussagt, soll keine Racheakte der Gegenseite fürchten müssen. Die rechtsstaatliche Strafprozessordnung wurde zum Schutze von Opfern und Zeugen mit neuen Möglichkeiten der Anonymisierung ausgestattet.

Auch Vorträge wie der von OStA Franck in Hainsfarth gehören zu dieser Strategie, denn sie muss, um wirksam zu sein, bekannt werden: Bei den beteiligten Behörden sowieso, in der gefährdeten Personengruppe – Opfer und Zeugen – ebenfalls, denn sie sollen die Sicherheit haben: „Der Rechtsstaat schützt dich.“ Und den möglichen Tätern muss klar sein: „Der Rechtsstaat zeigt seine Zähne.“
Bericht Friedrich Wörlen