Berichte

Pessach 2024

Sederteller, Foto: IKG Augsburg

Pesach

 Pesach ist das Fest, das an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten erinnert, und es gibt dazu eine ausführliche Ordnung, die überall auf der Welt gleich ist, die Pesach-Haggada.

„Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten des Jahres?“ So fragt das jüngste Kind zu Beginn der Pesachfeier. Und dann beginnt der Hausvater zu erzählen: „Knechte waren wir in Ägypten, aber der Herr hat uns herausgeführt mit starker Hand“. Er erzählt von der Unterdrückung der Kinder Israels durch den Pharao, von der Berufung des Mose, von den Plagen, die Gott dem Pharao schickte, von Moses Forderung: „lass mein Volk ziehen“.

Er erzählt davon, wie das Volk schließlich in aller Eile die ungesäuerten Brote buk, wie sie aufbrachen, wie sie am Ufer des Meeres standen, vor sich das Wasser, hinter sich das Heer des Pharao. Wie sie trotz allem ans andere Ufer kamen, während die Soldaten jämmerlich ertranken.

Psalmen werden gesungen, symbolische Speisen gegessen: Die ungesäuerten Brote erinnern an das in aller Eile gebackene Brot, die Bitterkräuter an die bittere Zeit der Sklaverei, das Salzwasser, in das sie getunkt werden, an die Tränen, die in Ägypten geweint wurden. Ein aus Äpfeln und Rotwein bestehender Brei soll an die Ziegel erinnern, die in Ägypten gebrannt werden mussten. Und immer wieder Lieder, Psalmen, Dankgebete für die Errettung

Erinnern an die Heilstaten Gottes, daraus Kraft schöpfen in den gegenwärtigen Schwierigkeiten, Gott loben für das, was er getan hat, und Hoffnung schöpfen, dass er auch heute aus  Nöten und Gefangenschaften erlöst, das ist der eigentliche Sinn der Feste und ganz besonders des Pesachfestes. Es steht am Beginn der Geschichte Gottes mit seinem Volk. Vorher waren da die Sippen der Söhne Jakobs, es war eine Familiengeschichte. Aber jetzt waren viele aus ihnen geworden, so viele, dass der Pharao, der „nichts mehr von Josef wusste“, es mit der Angst zu tun bekam: Was würden diese Menschen tun im Falle eines Krieges, auf wessen Seite würden sie sich schlagen? Er begann, sie zu unterdrücken, zu schikanieren, zu knechten. Ein Haufen Sklaven waren sie, gewohnt zu gehorchen, Befehle auszuführen. Und mit diesen Menschen macht Gott Geschichte. Sie beginnt mit Befreiung, ja mit Erlösung.

In Exodus 12 heißt es: Sage der ganzen Gemeinde Israel: Am zehnten Tag dieses Monats nehme jeder Hausvater ein Lamm, je ein Lamm für ein Haus. Sie sollen von seinem Blut nehmen und beide Pfosten an der Tür und die obere Schwelle damit bestreichen an den Häusern, in denen sie’s essen…. So sollt ihr’s essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet  sein und eure Schuhe an den Füßen haben und den Stab in der Hand. 

Bereit zum Auszug sollten sie sein, aus der Sklaverei in die Freiheit, aus Ägypten in das verheißene Land.

An diese Befreiung soll sich das Volk immer wieder erinnern:  Deinem Sohn sollst du sagen: Das halten wir um dessentwillen, was uns der Herr getan hat, als wir aus Ägypten zogen. Exodus 2,8

Nicht ein Triumphgefühl soll aufkommen über die geschlagenen Ägypter, über die Erstgeborenen, die sterben mussten: Wenn die Plagen verlesen werden, mit denen Gott den Pharao bezwang, dann verspritzt jedes Familienmitglied bei jeder Plage einen Tropfen Wein aus seinem Becher, denn die Fülle der Freude ist nicht vollkommen, da ja Menschen dafür sterben mussten. Und in einem Midrasch wird erzählt, wie das Volk nach dem Durchzug durch das Meer jubelte und auch die Engel im Himmel einen Lobgesang anstimmen wollten, weil die ägyptischen Soldaten vom Meer verschlungen worden waren, aber Gott wies sie zurecht: „Meine Kinder ertrinken im Meer, und ihr jubelt?“

Zur Zeit des Tempels zog man zum Pesachfest nach Jerusalem. Jede Familie brachte im Tempel ein Opfer dar. Der Hausvater schlachtete selbst das Passalamm und nannte dabei die Namen aller, die beim Mahl dabei sein würden. Der Priester sprengte das Blut an den  Altar. Im Familienkreis wurde das Fleisch gegessen. Dabei erzählte man von den Ereignissen beim Auszug aus Ägypten.

Nach der Zerstörung des Tempels wurde und wird das Fest in den Häusern gefeiert.

Es entwickelte sich eine feste „Liturgie“, die in der Pesach- Hagada festgehalten ist. Zunächst reinigt man das Haus von allem Gesäuerten. Das Geschirr wird einer besonderen Reinigung unterzogen, meist hat man ohnehin eigenes Pesach-Geschirr.

Am Vorabend des Festes, am sogenannten Sederabend  (Seder bedeutet Ordnung) wird das Fest gefeiert. Alles ist genau vorgeschrieben: Die Speisen, die Texte, Lieder und Gebete, der gesamte Ablauf. Der Tisch ist festlich gedeckt, zu Beginn des Festes zündet die Frau des Hauses zwei Kerzen an. Der Hausvater spricht den Weinsegen.

Auf einer besonderen Sederschüssel sind die sieben Dinge angeordnet, die unbedingt erforderlich sind: Drei Mazzen, Kräuter (Petersilie), ein Schälchen mit Salzwasser, Bitterkräuter, ein gekochtes Ei, ein Knochen mit etwas Fleisch daran, und Charoset, ein Brei  aus geriebenen Äpfeln, Nüssen oder Mandeln, Rosinen, Zimt und etwas Rotwein. Es symbolisiert den Lehm, den die Israeliten in Ägypten zu Ziegeln verarbeiten mussten.

 Dazu kommen vier Becher Wein. die getrunken werden bei den Worten:
Ich will euch herausführen
Ich will euch erretten
Ich will euch erlösen mit ausgerecktem Arm
Ich will euch annehmen zu meinem Volk.

Ein fünfter Becher Wein steht für den Propheten Elia bereit, auf dessen Ankunft man wartet. An einer bestimmten Stelle der Ordnung wird ihm die Tür geöffnet. Dabei wird gesungen:  Elia, der Prophet, er komme mit dem Messias, dem Sohn Davids. So schließt sich der Kreis vom Beginn der Befreiung, die in Ägypten ihren Anfang nahm, bis zu ihrer Vollendung.

Vergiss nicht! Erinnern spielt im Judentum eine ganz große Rolle. Und es sind nicht nur „alte Geschichten“, die da erzählt werden, sondern „in jeder Generation ist jeder verpflichtet, sich so zu betrachten, als wäre er selbst aus Ägypten ausgefahren. Nicht unsere Väter allein erlöste der Heilige, sondern auch uns mit ihnen“ 
Text: S.Atzmon, 1. Vorsitzende