Berichte

Gefährliche Hassrede

Der Vortragsabend fand am Jahrestag der israelischen Staatsgründung (14. Mai 1948) statt und wurde mit einer emotional berührenden Dokumentation zum Hamas-Überfall vom 7. Oktober 2023 eingeleitet, als Einstimmung auf das Motto: „Hass ist keine Meinung“.

Die Ausstellung „Feibelmann muss weg“, die noch bis 30.06.2024 in der ehemaligen Synagoge Hainsfarth zu sehen ist, war der passende Rahmen für die Vortragsveranstaltung mit Staatsanwalt (GL) David Beck, dem „Beauftragten der Bayerischen Justiz für die Bekämpfung von Hate Speech“ und zentralen Ansprechpartner für alle bayerischen Staatsanwälte, die mit den „Hassrede“-Delikten befasst sind.

Dass eine englisch klingende Bezeichnung für die neue Dienststelle gewählt wurde, erklärt sich damit, dass die Delikte, die auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit beruhen, in der „englisch“ sprechenden Welt des Internets, besonders der „sozialen Medien“ gehäuft auftreten.

„Hassrede“ gab es auch schon vor der Digitalisierung der Medien, wie sich in der „Feibelmann“-Ausstellung feststellen lässt, wo vorzugsweise offene Postkarten als „Medium“ dienten. Neu ist die Sensibilisierung der Gesellschaft und die Intensivierung der Strafverfolgung. Letztere ist ganz wörtlich aus Artikel 1 des Grundgesetzes abzuleiten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Dass Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben; religiöse oder politische Anschauungen sowie Behinderungen keinen Angriff auf die Würde eines Mitmenschen rechtfertigen oder entschuldigen können., ergib sich aus
Artikel 3.

Die Hervorhebung der Menschenwürde im Grundgesetz nannte der Referent treffend ein „Antiprogramm zum Nazi-Staat“.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung von grundrechtlich geschützter Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanter „Hassrede“ schwierig sein, wie durch Bezugnahme auf die Ausstellung und durch eine Auswahl geschmackloser, gehässiger, ja abstoßender Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung verdeutlicht wurde. Über die Verletzung der persönlichen Würde der angegriffenen Person hinaus hat „Hate Speech“ aber auch Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf die Persönlichkeit der Täter. Ihr Gebrauch und die Gewöhnung daran verzerren die Wahrnehmung, befeuern Verschwörungserzählungen und führen zu Taten.

Zum Ergebnis konnte Staatsanwalt Beck vermelden, dass 2023 in Bayern ca. 3000 Vorkommnisse registriert wurden, ein Mehrfaches der vorangegangenen Zeiträume, 700 Anklagen wurden erhoben und 500 Verurteilungen erreicht. Allein seit dem 7. Oktober 2023 (Überfall der HAMAS) seien 800 Anzeigen bei der Zentralen Meldestelle eingegangen. Für die Strafverfolgung gilt eine Verschärfung in dem Sinn, dass von den Staatsanwaltschaften keine Verfahrenseinstellungen oder Vergünstigungen wegen fehlenden öffentlichen Interesses mehr bewilligt werden. Das Justizministerium und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien haben eine „Initiative gegen Hate Speech“ gestartet, deren Ziel es ist, Verfasser von Hate Speech schnell strafrechtlich verfolgen zu können: https://www.konsequent-gegen-hass.de/.

Die wenigsten wegen Hassvergehen überführten und verurteilten Personen werden rückfällig. Die konsequente strafrechtliche Verfolgung entfaltet also – so Staatsanwalt Beck – eine generalpräventive Wirkung für alle Internetnutzer. Alles, was zur Meldung von Hasskriminalität wichtig ist, kann unter https://www.bayern-gegen-hass.de/ problemlos im Netz abgerufen werden.

Bericht Friedrich Wörlen